Wir betreten Feuerland oder Tierra del Fuego
Grenzübergang Monte Aymond- Argentinien/Chile
Am 23. Februar 2020 steht unser zweiter Grenzübergang an. Um zum südlichsten Punkt in Ushuaia zu gelangen müssen wir kurz über die Chilenische Grenze, um danach weiter unten wieder nach Argentinien zu immigrieren.
Auf dem Weg dahin steht bei einem Stopp zum Mittagessen plötzlich wieder ein deutsches Pärchen, Manfred und Susanne, vor uns. Wir hatten sie in Uruguay beim auslösen des Vans kennen gelernt. Wir fahren in kurzem Abstand zum Übergang „Paso San Sebastian", wo wir gegen den späteren Nachmittag ankommen. Beim Aussteigen erfahren wir das erste Mal was es heisst „der Süden ist windig“. Wir stemmen uns also gegen den Wind und machen uns auf, die Grenzformalitäten zu erledigen. Vor dem ersten Schalter finden wir eine lange Schlange vor. Wir müssen ein Formular ausfüllen auf dem wir unsere Angaben eintragen und ankreuzen müssen, ob wir Handelsware dabei haben, dass wir keine verbotenen Lebensmittel mitbringen, usw. Wir werden sofort von einem älteren Herrn darauf angesprochen, dass wir beim Einreiseformular unbedingt ankreuzen sollen, dass wir verbotene Esswaren dabei haben. Anscheinend wird ansonsten solange gesucht oder die Vorschriften werden kurzerhand umformuliert, bis etwas „verbotenes“ entdeckt wird und wir eine Busse bezahlen müssten. Davon haben wir natürlich bereits gehört und kreuzen das entsprechende „si“, also „ja“, an. Scheint ein kleines Geschäft zu sein :-)
Wir stehen also beim argentinischen Zoll an, gehen zur Migration und melden unseren Van vorschriftsmässig ab. Danach gehts zum chilenischen Zoll und wir führen den Van bei der Migration wieder ordentlich in Chile ein. Adrian muss sich bei der Van-Kontrolle tatsächlich von einer kurz zuvor gekauften Salami verabschieden, was ihn extrem aufregt und noch eine Weile beschäftigt. :-) Ansonsten verläuft der Übertritt problemlos, nach ca. 1h können wir weiterfahren.
Fähre Bahia Azul/Punta Delgada
Nun gehts zur Fähre, welche uns von Bahia Azul nach Punta Delgada, Feuerland !, überführt. Wir fahren auf das Hafengelände und reihen uns hinter den anderen Fahrzeugen ein. Das Ticket kauft man auf der Fähre und kostet aktuell 23’430 chilenische Pesos, die Überfahrt dauert gerade mal 30 Min. Alles tranquillo und sin problemas. Die Überfahrt ist sehr windig, aber zum Glück war der Wellengang erträglich, dh. wir benötigen nichts gegen Seekrankheit.
Da es schon spät ist bleiben wir im kleinen Örtchen Cerro Sombrero für die Nacht. Das Dorf scheint von der Ölförderfirma ENAP gesponsert zu sein: überall hängen deren Fahnen, alle Autos sind damit beschriftet, und es hat für den kleinen Ort sehr viele Tankstellen auf kleinem Raum. Leider haben wir gerade ein Gaucho-Fest verpasst, wir sehen nur noch wie alles eingepackt wird und die Vans mit den Tieranhängern staubaufwirbelnd davon fahren. Die wenigen Gauchos die noch herumlaufen wecken in uns aber den intensiven Wunsch sowas unbedingt noch zu erleben auf unserer Reise! Wir hoffen, dass wir in Chile, wo im März verschiedene solcher Festivitäten stattfinden sollen, noch Gelegenheit dazu erhalten werden.
Beim Abendessen fährt plötzlich en anderer Van mit Berner Nummernschilder heran. Grosses Hallo beiderseits, aber da es gerade in Strömen zu regnen beginnt vertagen wir das Gespräch schnell auf den nächsten Morgen. Am nächsten Tag sind sie jedoch noch nicht aufgestanden, als wir um ca. 10.30 losfahren. Scheinen uns ziemlich ähnlich zu sein :-P
Grenzübergang Paso San Sebastian -Chile/Argentinien
Am Montag fahren wir weiter südwärts wieder nach Argentinien, das bedeutet erneut die Grenzformalitäten abwickeln. Was uns bereits beim ersten Grenzübertritt aufgefallen ist: Die argentinischen Behörden nehmen sich wahnsinnig wichtig und geben sich unnahbar, ein Lächeln lässt sich ihnen nicht abringen. Dabei lassen sie einen zuerst ewig stehen obwohl man sieht, dass sie auf ihren Handys herumdrücken.
Die Chilenen sind hier jeweils viel relaxter, sie entschuldigen sich wenigstens, wenn sie uns Warten lassen, weil sie auf dem Handy am schreiben sind.
Generell sind von 5 Schaltern nur 2 bedient, an den anderen sitzen z.T. zwar Personen, die sind jedoch am Solitär spielen auf den Computern, machen Kaffeepause oder halten sonst einen Schwatz.
Speziell ist, dass wir vom chilenischen Grenzposten zuerst 14km durch Niemandsland fahren müssen, bevor wir zum argentinischen Posten kommen. Man ist somit für kurze Zeit in keinem Land angemeldet. Auch diesmal gestaltet sich das Ganze jedoch sehr unkompliziert.
Wir ziehen nun durch, wir wollen heute unbedingt noch in Ushuaia ankommen.
Bereits auf dem Festland wurde je südlicher wir fuhren der Wind immer stärker. Nun trifft uns jedoch der Wind mit voller Wucht. Je nachdem aus welcher Richtung er kommt schüttelt es den Van in die eine oder die andere Richtung. Wenn ein Lastwagen vorbei fährt herrscht kurz Windstille, was uns wieder zurück wirft um uns gleich danach wieder voll von der anderen Seite zu erwischen. Wir umklammern das Lenkrad und sind dauernd am auskorrigieren, das Fahren ist nun um einiges anstrengender geworden. Zudem sind wir nun nur noch mit 80 kmh unterwegs. Dadurch können wir auch rechtzeitig den Motorrad- und Radfahrern ausweichen, die schräg gegen den Wind gelehnt beinahe Rückwärts fahren. Zeitweise müssen sie absteigen und stossen, da sie gegen den Wind nicht mehr ankommen.
Die Landschaft wird nun immer hügeliger, entlang der Strasse dehnen sich neben grasbewachsenen Ebenen dunkelgrüne Wälder aus. Die Bäume wirken tot und sind hier mit einem algenähnlichem Moos bewachsen. Lange „Fetzen“ hängen herunter und schwingen lautlos im Wind. Das gibt dem Ganzen den Anschein eines verwunschenen Waldes, die Szenerie wirkt irgendwie unheimlich. Hier wollen wir Nachts lieber nicht unterwegs sein.
Ushuaia oder das Ende der Welt
Wir überqueren einen Pass (ohne Passhäuschen und grossem Aushängeschild hätten wir das jedoch nicht bemerkt, da der Berg/Hügel nicht wirklich hoch war) und fahren durch einige Hügel, bevor es schliesslich wieder auf Meerespiegel herunter geht.
Vor uns erscheinen zwei Steinsäulen - wir haben Ushuaia erreicht. Wir sind sehr aufgeregt und neugierig und beginnen sogleich mit dem Filmen unserer Einfahrt. Bis wir bemerken, dass wir uns hier erst in der Industriezone der Stadt befinden.
Erste Anlaufstelle ist der Hafen wo wir vor dem Schild „Fin del Mundo/Ende der Welt“ posieren. Typisch Touris. Aber es ist halt wirklich etwas spezielles und wohl auch einmaliges, dass wir uns hier befinden. Ushuaia - wird „Usuaia“ ausgesprochen- ist die südlichste Stadt der Welt. Wir haben uns ein verschlafenes Nest vorgestellt mit robusten Holz/Steinhäuschen und zivilisationsfremden Einwohnern, finden jedoch eine Stadt mit 80’000 Einwohnern und tausenden von Touristen. Im Hafen befinden sich ca. 4 riesige Kreuzfahrtschiffe, daneben diverse Antarktisexpeditionsschiffe, die die vielen Touristen auf Touren durch das ewige Eis des Südens führen. Erstaunlicherweise scheinen die meisten Häuser aus Wellblech zu bestehen, was uns bei den starken Winden und den kalten Temperaturen sehr erstaunt.
Der Wind kommt nun direkt von Süden und bringt arktische Kälte mit sich. Es herrscht genau das Wetter, was wir uns vorgestellt hatten. Allerdings schaukelt der Wind den Van dermassen hin und her, dass wir schliesslich beschliessen für zwei Tage ein Zimmer in einem Hostel zu nehmen. Ausserdem ist es in der Stadt nicht so einfach einen geeigneten Platz zu finden um im Fahrzeug zu übernachten. Im „Antarctica“ Hostel finden wir ein preiswertes aber hübsches Zimmer. Während diesen zwei Tagen erkunden wir dann den Ort (wobei er eigentlich nur aus einer Hauptstrasse besteht, wo es Restaurants, Kaffees und unglaublich viele Souvenirshops gibt). Es scheint als wäre Outdoor-Bekleidung Pflicht: Überall sind die Menschen eingepackt in Funktionskleidung und sehen aus, als würden sie gleich das nächste Schiff in die Antarktis nehmen. Um fair zu bleiben: Viele von ihnen machen das auch. Im Hafen stehen grosse Expeditions-Schiffe und fahren täglich hunderte von Entdeckern zum ewigen Eis. Zu unserem Erstaunen sind die Touristen eher älteren Semesters, das Durchschnittsalter liegt bei ca. 65 Jahre. Für viele ist diese doch ziemlich kostspielige Reise ein Lebenstraum, den sie sich verwirklichen. Die Stimmung ist deshalb grossteils heiter-gelassen bis abenteuerlustig-vorfreudig, die Restaurants sind jetzt - zum Ende der Hauptsaison - vollbesetzt und es bilden sich draussen (! man erinnere sich an den stürmischen, kalten Wind und die nicht gerade sommerlichen Temperaturen) lange Warteschlangen um in einem der guten Restaurants einen Tisch zu ergattern.
Nationalpark Tierra del Fuego
In der südlichsten Stadt der Welt zu sein ist schon speziell und definitiv ein Highlight unserer Reise und wir freuen uns riesig, dass wir nun endlich hier sind. Aber nach zwei Tagen entscheiden wir uns, dass „südlichste Stadt“ noch nicht reicht und fahren in den Nationalpark „Tierra del Fuego“, wo das Ende der Ruta 3 ist (die Strasse auf welcher wir die meiste Zeit ab Buenos Aires gefahren sind). Den ganzen Tag hat es in strömen geregnet, als wir jedoch auf dem Campingplatz ankommen guckt die Sonne ein wenig hinter den Wolken hervor. Ein grosser Greifvogel stolziert über den Platz und wir sind erstmal damit beschäftigt den Vogel mit unserer Kamera abzulichten. Später gesellt sich eine Familie Wildgänse dazu, welche wir ebenfalls wie die Paparazzi verfolgen und fotografieren. Als grosse Überraschung steht an einem Morgen plötzlich eine Gruppe Wildpferde vor unserem Van. Ansonsten sehen wir leider nicht viel von der - anscheinend vorhandenen - Flora, jedoch viel von der Fauna. Auf einer Wanderung kämpfen wir uns durch den Wald und den Matsch - nach mehreren Tagen Dauerregen ist es mehr eine Schlammrutsche anstatt einer Wanderung. Jedoch mit hohem Unterhaltungs- und Verrenkungsfaktor für uns, da wir uns beim Versuch einigermassen trockenen Fusses durchzukommen, einiges einfallen lassen müssen. Leider haben wir uns nicht informiert, wann der letzte Bus wieder zurück zu unserem Campingplatz fährt - wir warten 2 Stunden bis tatsächlich der letzte Bus um 20.00 Uhr die letzten verstreuten Wanderer einsammelt.
Nach einem Abstecher zum südlichsten Postamt der Welt und einem Stempel in unsere Pässe (jahaaa, sogar mit Pinguinstempeln zur Verzierung) fahren wir nach zwei Tagen im Nationalpark zurück nach Ushuaia. Dieses mal übernachten wir am Strand, nach einem späten Abendessen geniessen wir noch kurz die tolle Aussicht auf den Hafen und wollen dann schlafen. Aber anscheinend ist in Ushuaia nicht viel los in der Stadt: auf jeden Fall trifft sich gefühlt die gesamte Jugend zwischen 16-25 Jahren direkt neben unserem Van zum Schäferstündchen. Ein Auto neben dem andern wird parkiert, die Musik auf höchste Stufe gestellt und nach einer Stunden fahren sie wieder weg. Nicht ohne zuerst noch den Motor laut aufheulen zu lassen.
Nach einer Woche hier unten kommt für uns der Moment, wo wir wieder gegen Norden aufbrechen - die einzige mögliche Richtung!
Vom Süden her fahren wir entlang der Küste im Westen Patagoniens Richtung Norden.
wir-unterwegs: Adrian & Sabrina